„Dubai Schokolade“: Erste Verbote in Deutschland - LG Köln untersagt den Vertrieb von Produkten, die nicht in Dubai hergestellt wurden
Das ist die Frage, die in den letzten Monaten unter Markenrechtlern heiß diskutiert wurde: Dürfen Hersteller ihre Schokolade „Dubai-Schokolade“ nennen, auch wenn sie nicht in Dubai produziert wurde?
Erstmals befasste sich nun ein deutsches Gericht mit dieser Frage. Händler hatten argumentiert, Verbraucher sähen in der Bezeichnung „Dubai Schokolade“ lediglich einen Hinweis auf die Schokoladen-Sorte bzw. die Rezeptur der Schokolade.
Die 33. Kammer des LG Köln kam jedoch – zumindest vorläufig – zu einem anderen Ergebnis und nahm eine Irreführung der Verbraucher nach § 127 MarkenG an. Denn im konkreten Fall vermittelten die drei angegriffenen Produkte aus Sicht des Gerichts den fälschlichen Eindruck, in Dubai hergestellt worden zu sein, obwohl das nicht der Fall war.
1. Rechtlicher Hintergrund
Nach § 127 MarkenG dürfen geographische Herkunftsangaben wie „Dubai“ im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren benutzt werden, die nicht aus diesem Ort stammen, wenn eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht. Entsprechend sah der BGH etwa eine Irreführung in der Bezeichnung „Himalaya-Salz“, wenn das Salz tatsächlich nicht im Himalaya-Hochgebirgsmassiv, sondern nur einer benachbarten Mittelgebirgskette abgebaut wird (BGH, Urt. v. 31.3.2016, Az. I ZR 86/13 – Himalaya-Salz).
Entscheidend ist hier also die Frage, inwieweit der angesprochene Verbraucher mit der Angabe („Dubai“), sei es als Name oder aufgrund sonstiger Assoziationen mit dem Produkt, davon ausgeht, dass es aus Dubai stammt.
2. Erste Entscheidungen des LG Köln – Irreführung wegen Bezeichnung, Aufmachung und Werbetexten
Die 33. Zivilkammer des Landgerichts Kölns hat nun drei erste einstweilige Verfügungen gegen Händler von „Dubai Schokolade“ erlassen (Beschl. v. 20.12.2024, Az. 33 O 513/24; Beschl. vom 06.01.2025 – Az. 33 O 525/24 und Az. 33 O 544/24).
Nach Auffassung des Gerichts erweckten die drei Produkte im konkreten Fall jeweils den fälschlichen Eindruck, in Dubai produziert worden zu sein:



Für die Annahme einer Herkunftstäuschung iSd § 127 MarkenG waren aus Sicht des LG Köln u.a. folgende Umstände ausschlaggebend:
- Bezeichnung „Dubai Chocolate“ / „The Taste of Dubai“
- Englische Produktbezeichnung und fremdsprachige Produktbeschreibungen auf der Verpackungsvorder- und Rückseite;
- Hinweis zur „internationalen Seefracht“ des Produkts (auf der Rückseite);
- Werbeversprechen wie „diese Schokolade bringt den Zauber Dubais direkt zu Ihnen nach Hause“ oder sei „mit einem Hauch Dubai“ angereichert.
Der kleine Hinweise auf der Verpackungsrückseite, dass die Schokolade tatsächlich in der Türkei produziert wird ("Herkunft: Türkei" oder "Product of Türkiye/ Produkt von Türkiye"), sei nach Ansicht des Gerichts nicht geeignet, den Irrtum über die Herkunft des Produkts auszuräumen.
3. LG Frankfurt a.M. ist anderer Auffassung als das LG Köln
In einer brandaktuellen Entscheidung des LG Frankfurt vom 21. Januar 2025 kommt das Frankfurter Gericht allerdings vorläufig zu einer anderen Einschätzung als das LG Köln und wies einen gegen die „Dubai Schokolade“ von LIDL gerichteten Verfügungsantrag zurück:


Anders als das LG Köln war das LG Frankfurt der Auffassung, dass dem deutschen Durchschnittsverbraucher aufgrund des in den letzten Monaten entstandenen medialen Hypes um die Trend-Schokolade bekannt sei, dass es sich um einer Art der Rezeptur handele und Verbraucher nicht davon ausgingen, dass die Produkte auch tatsächlich aus Dubai stammen. Das Frankfurter Gericht verneinte deshalb eine Herkunftstäuschung i.S.d. § 127 MarkenG.
4. Bedeutung für die Praxis
Als Key Take Aways können Sie für Ihr Unternehmen mitnehmen:
- Bei der Verwendung von geografischen Herkunftsangaben ist immer Vorsicht geboten. Das gilt insbesondere dann, wenn das Produkt tatsächlich aus einem anderen Herkunftsgebiet stammt.
- Ob der Verkehr die Bezeichnung als geografische Herkunftsangabe ansieht oder darin nur eine Gattungsbezeichnung bzw. Sortenbezeichnung erkennt (wie z.B. „Wiener Schnitzel“), ist eine Frage des Einzelfalls.
- Neben der Produktbezeichnung sind hierfür alle Begleitumstände der Benutzung (u.a. Verpackungsaufmachung und Werbung) entscheidend.
- Deutliche Hinweise auf das Produktionsland (z.B. ein großer Störer auf der Verpackungsvorderseite) mögen im Einzelfall helfen, einer Irreführung entgegenzuwirken.
Bei den Entscheidungen des LG Köln und des LG Frankfurt handelt es sich bislang nur um vorläufige Entscheidungen im Eilrechtsschutz. Eine endgültige Entscheidung durch Urteil steht noch aus.
Gleichwohl sollten Begriffe wie „Dubai Schokolade“ / „Dubai Chocolate“ vorerst nur noch mit Vorsicht benutzt werden. Der Schokoladenhersteller Lindt jedenfalls hat kurzum reagiert und seine „Dubai-Schokolade“ jetzt in „Dubai Style Chocolade“ umbenannt.
Wir beraten Sie gerne, um Risiken bei der Verwendung von Herkunftsangaben zu vermeiden.
Wir danken an dieser Stelle Jens Marcus Epp, Rechtsreferendar in der Wahlstation, für seine wertvolle Unterstützung zu diesem Beitrag.
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