Design mit Recht: Das Einmaleins der Designanmeldung beim EUIPO
1. Die Terminologie
Während in der deutschen Gesetzgebung der Begriff „Design“ den aus Laiensicht oftmals verwirrenden Begriff „Geschmacksmuster“ inzwischen ersetzt hat, ist die Terminologie auf europäischer Ebene uneinheitlich. So spricht die neue Design-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2024/2823, bis zum 09.12.2027 in nationales Recht umzusetzen) zwar nunmehr von „Design“, die Verordnung über das Unionsgeschmacksmuster (Verordnung (EU) 2024/2822, im Folgenden UGMV), die seit dem 01.05.2025 unmittelbar gilt, verwendet in der deutschen Übersetzung jedoch weiterhin den Begriff „Geschmacksmuster“, wenn auch nun „Unionsgeschmacksmuster“ anstelle von „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“. Ursprünglich war der Begriff „Unionsdesign“ geplant (Zur EU-Designrechtsreform unser Blogbeitrag vom 16.10.2024). Ein inhaltlicher Unterschied ergibt sich hieraus jedoch nicht.
Obgleich der Begriff „Design“ im heutigen Sprachgebrauch gängiger ist, verwenden wir im weiteren Verlauf dieses Beitrags zum Zwecke einer mit den Vorschriften der UGMV übereinstimmenden Terminologie daher den Begriff „Geschmacksmuster“ bzw. „ Unionsgeschmacksmuster“.
2. Einreichen der Anmeldung
Die Anmeldung der Eintragung eines Unionsgeschmacksmusters kann elektronisch (E-Filing), per Post oder durch persönliche Übergabe direkt beim EUIPO erfolgen. Anmeldungen über nationale Ämter werden seit dem 01. Mai 2025 hingegen nicht mehr akzeptiert.
Das EUIPO empfiehlt nachdrücklich das E-Filing für alle Anmeldungen und Anträge über die EUIPO-Website (https://www.euipo.europa.eu/de/designs/how-to-apply/apply-now), da auf diese Weise die möglichst detailgenaue Qualität der Wiedergabe des Unionsgeschmacksmusters sichergestellt werden kann.
Über die Anmeldung hinaus ist es möglich, dem EUIPO als Amt der ersten Anmeldung durch das Markieren einer Checkbox mitzuteilen, dass er das System WIPO DAS (WIPO Digital Access Service) für den Austausch von Prioritätsunterlagen zu seiner Anmeldung nutzen möchte. Das EUIPO nimmt sodann die Eintragung der Anmeldung in das System WIPO DAS vor. Der Anmelder erhält daraufhin automatisch den Zugangscode, den er bei Inanspruchnahme der Priorität der Anmeldung bei späteren Einreichungen bei anderen an das System WIPO DAS angeschlossenen Ämtern angeben kann.
Zudem besteht die Möglichkeit für eine Unionsgeschmacksmusteranmeldung die Priorität einer älteren Anmeldung für dasselbe Geschmacksmuster, in einem oder mit Wirkung für einen Vertragsstaat der Pariser Verbandsübereinkunft oder des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation, in Anspruch nehmen, Art. 41 UGMV. Diese „Priorität gemäß PVÜ“ beläuft sich auf sechs Monate ab dem Anmeldetag der ersten Anmeldung und kann durch Einreichen einer Prioritätserklärung innerhalb von zwei Monaten nach der Anmeldung des Unionsgeschmacksmusters in Anspruch genommen werden, Art. 42 Abs. 1 UGMV.
3. Mindestanforderungen an die Anmeldung
Die obligatorischen Erfordernisse der Anmeldung ergeben sich insbesondere aus Art. 1 ff. UGMDV (Durchführungsverordnung (EU) 2025/73 der Kommission vom 17.1.2025 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2245/2002 der Kommission vom 21. Oktober 2002 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates über das Unionsgeschmacksmuster). Danach ist es auch möglich, eine Sammelanmeldung einzureichen, in der bis zu 50 Geschmacksmuster zur Eintragung als Gemeinschaftsgeschmacksmuster zusammengefasst werden, Art. 2 Abs. 1 UGMDV.
Die Anmeldung kann in einer beliebigen der derzeit 24 Amtssprachen der Europäischen Union eingereicht werden, Art. 98 Abs. 2 UGMV, Art. 1 h) UGMDV Diese Sprache ist die Erstsprache der Anmeldung. Zudem muss der Anmelder eine sich von der Erstsprache unterscheidende zweite Sprache angeben, bei der es sich um eine Sprache des EUIPO handeln muss, das heißt Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch.
Darüber hinaus muss die Anmeldung folgenden Mindestanforderungen genügen:
- Nach Art. 1 Abs. 1 b) UGMDV ist der Name, die Anschrift, die Staatsangehörigkeit sowie der Staat des Wohnsitzes, des Sitzes oder der Niederlassung des Anmelders anzugeben. Anmelder, die weder Wohnsitz, noch Sitz, noch eine gewerbliche Handelsniederlassung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) haben, müssen darüber hinaus bereits in der Anmeldung einen Vertreter benennen, der sie in etwaigen Verfahren vor dem EUIPO vertreten würde, Art. 77 Abs. 2 UGMV.
- Weiter sind gem. Art. 1 Abs. 1 d), 3 Abs. 1, 3 UGMDV die Erzeugnisse, in die das Geschmacksmuster aufgenommen oder bei denen es verwendet werden soll, so zu benennen, dass die Art der Erzeugnisse klar zu erkennen ist und jedes Erzeugnis in nur jeweils eine Klasse und eine Unterklasse der Locarno-Klassifikation eingeordnet werden kann. Die Klassifizierung dient ausschließlich Verwaltungszwecken und gestattet insbesondere Dritten die Recherche von eingetragenen Unionsgeschmacksmustern in den Datenbanken, Art. 3 Abs. 2 UGMDV. Der Schutzumfang wird hingegen nicht beeinträchtigt. Das heißt, dass das eingetragene Geschmacksmuster dem Inhaber das ausschließliche Recht für jede Art von Erzeugnissen und nicht nur für die in der Anmeldung angegebenen gewährt. Die Klassifizierung ist gem. Art. 36 Abs. 3 d) UGMV, Art. 1 Abs. 2 c) UGMDV nicht zwingend von den Anmeldern selbst vorzunehmen („kann“), zur Beschleunigung des Eintragungsverfahrens wird dies vom EUIPO allerdings dringend empfohlen. Hierfür kann der Anmelder auf das Webtool DesignClass zurückgreifen, das den Nutzer bei der Klassifikation von Erzeugnissen unterstützt.
- Das Geschmacksmuster ist nach Art. 1 Abs. 1 c), 4 UGMDV wiederzugeben. Es können hierfür bis zu sieben geschützte Bilder hochgeladen werden, Art. 4 Abs. 2 UGMDV. Zusätzlich sind drei weitere, ungeschützte Bilder zulässig. Diese dürfen jedoch keine neuen Informationen enthalten, die in den sieben geschützten Ansichten nicht bereits sichtbar sind und müssen klar als „nicht zur Veröffentlichung“ gekennzeichnet sein. Die Zusatzansichten dienen lediglich der besseren technischen Wiedergabe und werden nur intern durch das EUIPO geprüft, nicht veröffentlicht.
- Schließlich muss die Anmeldung die Unterschrift des Anmelders enthalten, Art. 1 Abs. 1 i) UGMDV, wobei beim E-Filing bereits die Angabe des Namens und der Ermächtigung des Unterzeichnenden ausreichend ist. Bei mehreren Anmeldern reicht die Namensangabe und Ermächtigung bzw. Unterschrift eines Anmelders aus.
4. Sachliche Prüfung der Anmeldung
Beim Aufbau und der Betreuung des eigenen Geschmacksmusterportfolios ist zu beachten, dass anders als bei Marken keine inhaltliche Prüfung der Anmeldung durch das EUIPO erfolgt. Zwar wird nach Art. 4 Abs. 1 UGMV ein Geschmacksmuster nur geschützt, wenn es neu ist und Eigenart hat. Die Prüfung durch das EUIPO beschränkt sich jedoch auf das Vorliegen formaler Eintragungshindernisse, Art. 47 Abs. 1 UGMV. Ein solches Eintragungshindernis liegt vor, wenn kein Geschmacksmuster im rechtlichen Sinne nach Art. 3 Nr. 1 UGMV vorliegt oder das Geschmacksmuster gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt, Art. 9 UGMV.
Nach der Legaldefinition des Art. 3 Nr. 1 UGMV bezeichnet ein Geschmacksmuster im rechtlichen Sinne die Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich aus den Merkmalen, insbesondere den Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur und/oder den Werkstoffen des Erzeugnisses selbst und/oder seiner Verzierung ergibt, einschließlich der Bewegung, der Zustandsänderung oder jeder anderen Art der Animation dieser Merkmale.
Der Wortlaut des Art. 9 UGMV ist sehr weit gefasst und lässt einen großen Auslegungsspielraum zu. Die Norm bezweckt nicht, Geschmacksmuster herauszufiltern, deren Benutzung unbedingt verhindert werden muss, sondern die Eintragung solcher Geschmacksmuster zu unterbinden, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen als unmittelbarer Verstoß gegen die grundlegenden sittlichen Normen der Gesellschaft wahrgenommen würde. Hierzu zählen etwa die Darstellung harter Pornografie oder klar rassistische Symbole (z.B. das Sonnenkreuz des Ku-Klux-Klan).
Erhebt der Prüfer eine Beanstandung bezüglich eines der beiden genannten Eintragungshindernisse, erhält der Anmelder die Möglichkeit, innerhalb von zwei Monaten die Wiedergabe des Geschmacksmusters zurückzunehmen oder zu ändern oder seine Anmerkungen vorzubringen (Art. 47 Abs. 2 UGMV, Art. 11 Abs. 2 UGMDV). Kann der Anmelder die Eintragungshindernisse hingegen nicht fristgemäß ausräumen, so weist das EUIPO die Anmeldung zurück, Art. 47 Abs. 3 UGMV, Art. 11 Abs. 3 UGMDV.
5. Besondere Anforderungen an die Wiedergabe des Geschmacksmusters
Besonders fehleranfällig ist die nach Art. 36 Abs. 1 c) UGMV, Art. 1 c), 4 UGMDV erforderliche Wiedergabe des Geschmacksmusters. Das Erfordernis der grafischen Wiedergabe bezweckt die Offenbarung der Merkmale des Geschmacksmusters, die geschützt werden sollen. Aus diesem Grund muss sie in sich abgeschlossen sein, um den Schutzgegenstand des eingetragenen Geschmacksmusters klar und eindeutig zu bestimmen und so für Rechtssicherheit zu sorgen. Erläuternder Text, erläuternde Bezeichnungen oder Symbole in den Ansichten sind unzulässig. Das Geschmacksmuster ist auf neutralem Hintergrund darzustellen, das heißt es muss sich so deutlich vom Hintergrund absetzen, dass es identifizierbar bleibt. Zudem muss es alle Einzelheiten, für die Schutz beansprucht wird, erkennen lassen und die Verkleinerung oder Vergrößerung auf das Format von höchstens 8 cm Breite und 16 cm Höhe je Ansicht für die Eintragung in das Register für Unionsgeschmacksmuster und die direkte Veröffentlichung im Blatt für Unionsgeschmacksmuster zulassen, Art. 4 Abs. 1 e) UGMDV.
Prinzipiell darf die Wiedergabe nach Einreichung der Anmeldung ohne das Einverständnis oder die Aufforderung des EUIPO nicht mehr geändert werden, Art. 12 Abs. 2 UGMDV. Daher sind bei der Wiedergabe des Geschmacksmusters verschiedene Punkte zu beachten, um eine beanstandungsfreie Anmeldung zu gewährleisten.
a. Perspektivische Ansichten
Die Gemeinsame Mitteilung über die Gemeinsame Praxis zur grafischen Wiedergabe von Geschmacksmustern (CP6, S. 4) des European Trade Mark and Design Network empfiehlt, bei der Wiedergabe des Geschmacksmusters perspektivische Ansichten zu verwenden. Diese zeigen die Geschmacksmuster aus bestimmten Richtungen (Winkeln) und beinhalten die folgenden Ansichten: Vorderansicht, Draufsicht (von oben), Ansicht der rechten Seite, Ansicht der linken Seite, Rückansicht und Untenansicht. Es ist dabei ausreichend, lediglich eine perspektivische Ansicht einzureichen. Die unterschiedlichen perspektivischen Ansichten (mit Ausnahme der Untenansicht) stellt das EUIPO in seinen Richtlinien zu Geschmacksmustern (Prüfung von Anträgen bzgl. eingetragener Unionsgeschmacksmuster, Abschnitt 5) folgendermaßen beispielhaft dar:
EUGM Nr. 2 325 456-0001

b. Visuelle Formate
In Übereinstimmung mit der Gemeinsamen Praxis (CP6, S. 7) empfiehlt das EUIPO, bei der Darstellung des Geschmacksmusters nur ein einziges visuelles Format zu verwenden. Das heißt, dass beispielsweise eine Zeichnung oder eine Fotografie verwendet werden kann, von einer Kombination beider Formate jedoch abzusehen ist. Denn bei der Verwendung mehrerer visueller Formate muss sich jedes Einzelne klar und deutlich auf dasselbe Geschmacksmuster beziehen und die Wiedergaben müssen bei einem Vergleich der offen gelegten Merkmale einheitlich sein. Falls die verschiedenen visuellen Formate hingegen Aspekte aufweisen, die untereinander nicht kohärent sind, wird davon ausgegangen, dass damit nicht dasselbe Geschmacksmuster wiedergegeben wird. Derartige Unstimmigkeiten treten in der Regel hervor, wenn eine Zeichnung und eine Fotografie in Kombination verwendet werden. Das folgende Beispiel ist demnach, wie in den Richtlinien des EUIPO (Abschnitt 5.2.1) dargestellt, unzulässig: Der Sitz in der Zeichnung ist flach, im Foto jedoch gewölbt, dazu unterscheidet sich die Form der Rückenlehne.

Möchte der Anmelder verschiedene visuelle Formate verwenden, so empfiehlt das EUIPO diese jeweils als separate Geschmacksmuster einzureichen, wobei eine Sammelanmeldung (siehe unter 3.) möglich ist. Es handelt sich hierbei jedoch lediglich um eine Empfehlung, nicht um eine zwingende Pflicht, sodass grundsätzlich verschiedene Arten visueller Wiedergaben kombiniert werden können.
c. Verschiedene Ausführungsformen
Weiter ist zu berücksichtigen, dass verschiedene Ausführungsformen desselben Konzepts nicht in einer einzelnen Anmeldung zusammengefasst werden können, weil jede Ausführungsform für sich allein ein Geschmacksmuster ist.

So liegt der Fall bei den hier gezeigten Sporthelmen. Es handelt sich wegen der u.a. unterschiedlichen Beriemung, dem unterschiedliche Dekor und den verschiedenen Farben um verschiedene Ausführungsformen eines Sporthelms, sodass die drei Darstellungen nicht die Erscheinungsform „eines“ Erzeugnisses wiedergeben (vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.2018 – I ZB 25/18 (BPatG)).
d. Farben
Die Wiedergabe des Geschmacksmusters muss entweder in schwarz-weiß oder in Farbe erfolgen. Eine Kombination aus Schwarz-weiß- und Farbansichten wird ebenso beanstandet wie die Wiedergabe unterschiedlicher Ansichten in verschiedenen Farben, weil in derartigen Fällen davon ausgegangen wird, dass sich die Anmeldung auf mehr als ein Geschmacksmuster bezieht. Etwas anderes gilt nur, wenn der Anmelder innerhalb der vom Amt für die Behebung des Mangels gesetzten Frist nachweist, dass die Farbvarianz zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Verwendung des Erzeugnisses eines der relevanten Merkmale des Geschmacksmusters ist. So zum Beispiel bei einer Teetasse, die ihre Farbe ändert, wenn sie heißes Wasser enthält, etwa von Blau zu Rot. Hier kann eine Ansicht der Tasse in Blau (kalter Zustand) und eine in Rot (heißer Zustand) mit der Erklärung eingereicht werden, dass die Farbänderung Teil des beabsichtigten Geschmacksmusters ist und sich während der Nutzung vollzieht.
e. Besondere Anforderungen in Bezug auf verschiedene Ansichtsarten
Neben den bereits erwähnten perspektivischen Ansichten, kann die Wiedergabe durch eine Reihe weiterer Ansichtsarten erfolgen, für die sich jeweils Besonderheiten ergeben:
- Alternierende Positionen: Geschmacksmuster mit alternierenden Positionen müssen auf unterschiedliche Weise konfiguriert werden können, ohne dass dabei Teile hinzugefügt oder entfernt werden. Die alternierenden Positionen beweglicher oder abnehmbarer Teile müssen in getrennten Ansichten gezeigt werden. So müsste zum Beispiel ein klappbares Handy getrennte Ansichten in geschlossenem und aufgeklapptem Zustand wiedergeben.
- Explosionsansichten: Bei Explosionsansichten (auch auseinandergezogene Ansichten genannt) handelt es sich um Ansichten, in denen das Erzeugnis in seine Teile zerlegt dargestellt wird, um zu zeigen, wie die Teile zu- bzw. ineinander passen. Wichtig ist zu beachten, dass die Explosionsansichten mit mindestens einer Ansicht zu kombinieren sind, auf der das Erzeugnis in montiertem Zustand wiedergegeben ist. In einer separaten Ansicht sind sämtliche Teile des Erzeugnisses in zerlegtem Zustand darzustellen. Die zerlegten Teile sind dabei in unmittelbarer Nähe – das heißt ohne großen Abstand voneinander – und in der Reihenfolge der Montage abzubilden.
- Vergrößerte Ansichten: Eine einzelne vergrößerte Ansicht ist zulässig, sofern der vergrößerte Teil bereits in einer der anderen eingereichten Ansichten erkennbar ist.
- Teilansicht: Eine Teilansicht, die ein Teil eines Erzeugnisses isoliert (und ggf. auch vergrößert) darstellt, ist zulässig, wenn sie mit mindestens einer Ansicht kombiniert wird, in der das Erzeugnis in montiertem Zustand wiedergegeben ist.
- Schnittansichten: Schnittdarstellungen, die Erscheinungsmerkmale wie die Kontur oder Oberfläche des Erzeugnisses zeigen, sollten nur zusammen mit herkömmlichen Ansichten – also perspektivischen Ansichten – eingereicht werden. Dies stellt sicher, dass deutlich wird, dass es sich unzweifelhaft um eine Ansicht desselben Geschmacksmusters handelt. Technische Angaben wie Größen, Zahlen o.Ä. sind dabei nicht zulässig.
- Momentaufnahmen: Momentaufnahmen sind zulässig, wenn sie in einer kurzen Abfolge Ansichten zeigen, die ein einzelnes animiertes Geschmacksmuster zu unterschiedlichen Zeitpunkten in klar verständlichem Verlauf darstellen. Der Anmelder muss die Ansichten dabei so nummerieren, dass ein klarer Eindruck der Bewegung bzw. des Fortgangs vermittelt wird.
- Sätze von Artikeln: Ein Satz von Artikeln ist eine Gruppe von Erzeugnissen derselben Art, die als zusammengehörig gelten und dementsprechend verwendet werden. Ergänzt sich der Satz ästhetisch und funktional und wird im Normalfall als ein einziges Erzeugnis verkauft, kann er in einer einzigen Geschmacksmusteranmeldung wiedergegeben werden. Voraussetzung hierfür ist, dass klar erkennbar wird, dass die Kombination der Artikel geschützt werden soll. Es ist mindestens eine Ansicht vorzulegen, aus der der gesamte Artikelsatz hervorgeht. Ein Beispiel hierfür ist ein Schachbrett mit seinen Figuren.
- Sich wiederholende Flächenmuster: Bei einem sich wiederholenden Flächenmuster, muss die Wiedergabe darstellen, dass sich das Muster unendlich wiederholt. So muss zum Beispiel bei einem Blumenmuster, das sich auf einer Tapete in regelmäßigen Abständen wiederholt, die kleinste Einheit des sich wiederholenden Musters und zusätzlich ein größerer Flächenausschnitt gezeigt werden, um zu verdeutlichen, wie sich das Muster endlos fortsetzt.
- Schrifttypen: Betrifft die Anmeldung ein Geschmacksmuster, das aus einer Schrifttype besteht, so muss die Wiedergabe des Geschmacksmusters alle Buchstaben des Alphabets, in Groß- und Kleinschreibung, umfassen. Darüber hinaus müssen alle arabischen Ziffern sowie fünf Zeilen Text in dieser Schrifttype, jeweils in Schriftgröße 16 Punkt, wiedergegeben werden, Art. 4 Abs. 4 UGMDV.
f. Visuelle Verzichtserklärungen
Merkmale, für die kein Schutz beansprucht werden soll, müssen aus der Wiedergabe des Geschmacksmusters hervorgehen. Dies kann durch sogenannte visuelle Verzichtserklärungen erreicht werden, indem die nicht zu schützenden Merkmale durch gestrichelte Linien, Unschärfe oder Farbschattierungen ausgeschlossen oder innerhalb einer Abgrenzung angegeben werden und so deutlich gemacht wird, dass für alles, was sich außerhalb der Abgrenzung befindet, kein Schutz beansprucht werden soll.
Bei dieser Thematik ist allerdings grundsätzlich zu beachten, dass sich die Ämter im Rahmen der Gemeinsamen Praxis (CP6, S. 3) auf die allgemeine Empfehlung verständigt haben, dass Wiedergaben bevorzugt werden, die ausschließlich das beanspruchte Geschmacksmuster zeigen. Enthält die Wiedergabe dennoch Teile, für die kein Schutz beantragt wird, müssen die zu schützenden und die nicht zu schützenden Merkmale eindeutig zu unterscheiden sein. Hierfür werden gestrichelte Linien empfohlen.
6. Eintragung des Unionsgeschmacksmusters
Erfüllt die Anmeldung des Geschmacksmusters alle Eintragungserfordernisse, erfolgt die Eintragung üblicherweise innerhalb von 10 Werktagen. Sofern die folgenden Bedingungen für das beschleunigte Verfahren (Fast Track) erfüllt sind, ist sogar eine Eintragung innerhalb von zwei Werktagen möglich:
- Die Anmeldung wurde elektronisch anhand des Vier-Schritte-Formulars eingereicht (Schritt 1: Angaben zum Geschmacksmuster; Schritt 2: Recherche bestehender Geschmacksmuster; Schritt 3: Konto erstellen/Einloggen; Schritt 4 Bestätigen und Bezahlen);
- Sowohl die Erzeugnisangabe als auch die Klassifikation erfolgten unter Verwendung von DesignClass;
- Prioritätsunterlagen – sofern eine Priorität in Anspruch genommen wurde – stehen im System WIPO DAS bereits zur Verfügung und sind mit einem WIPO-DAS-Code bezeichnet oder liegen der elektronisch eingereichten Anmeldung bei (dies ist nicht erforderlich, wenn die zeitlich früher liegende Anmeldung beim EUIPO erfolgte);
- Es wurde keine Ausstellungspriorität (Datum, an dem das Geschmacksmuster auf einer amtlich anerkannten Ausstellung dargestellt wurde, gilt als Anmeldetag) in Anspruch genommen;
- Der Vertreter, sofern vorhanden, ist in der Datenbank des EUIPO registriert, und die entsprechende ID-Nummer wird im Formular angeführt;
- Gebühren sind von einem Konto beim EUIPO abzubuchen oder per Kreditkarte zu bezahlen.
Muss eine Anmeldung beanstandet werden, erhält der Anmelder einen Prüfungsbericht mit einer Zusammenfassung der festgestellten Unregelmäßigkeiten. Ihm wird daraufhin eine Frist gesetzt, um diese auszuräumen.
Alle eingetragenen Unionsgeschmacksmuster werden im Blatt für Unionsgeschmacksmuster bekannt gemacht. Dieses wird auf der Website des EUIPO veröffentlicht. Nach der vollumfänglichen Bekanntmachung wird eine Eintragungsurkunde erteilt. Internationale Eintragungen, in denen die Europäische Union benannt ist, erscheinen hingegen im Hague Express Bulletin der WIPO, das EUIPO erstellt für diese keine Eintragungsurkunde.
Sofern der Anmelder keine sofortige Veröffentlichung des eingetragenen Geschmacksmusters wünscht, kann er gem. Art. 50 Abs. 1 UGMV mit der Anmeldung beantragen, die Bekanntmachung um bis zu 30 Monate ab dem Anmeldetag aufzuschieben. In dieser Zeit kann sich der Anmelder auf den Anmeldeschutz berufen, obwohl das Geschmacksmuster noch nicht veröffentlicht ist. Dieses Vorgehen kann beispielsweise vorteilhaft sein, wenn das enthaltene Design Teil eines geplanten Produkts ist, das erst später auf den Markt kommt und Wettbewerber zum Anmeldezeitpunkt noch keine Kenntnis hiervon erlangen sollen.
7. Gebühren
Für die Anmeldung eines Unionsgeschmacksmusters ist nach der EU-Designrechtsreform eine einheitliche Anmeldegebühr zu entrichten, die Eintragungs- und die Bekanntmachungsgebühr wurden zusammengefasst, Art. 36 Abs. 4 UGMV. Diese Gebühr ist vom Anmelder innerhalb eines Monats nach Einreichen der Anmeldung zu entrichten. Hat er bei der Anmeldung die Aufschiebung der Bekanntmachung beantragt, so fällt dazu eine Aufschiebungsgebühr an. Entrichtet der Anmelder die fälligen Gebühren nicht direkt bei der Einreichung der Anmeldung, so fallen Gebühren für verspätete Zahlungen an. Im Fall von Sammelanmeldungen sind für jedes zusätzliche Geschmacksmuster zusätzliche Anmeldegebühren und ggf. Aufschiebungsgebühren zu zahlen, Art. 37 Abs. 2 UGMV.
Die Anmeldegebühr für die Anmeldung eines einzelnen Geschmacksmusters beträgt 350 EUR, jedes zusätzliche Unionsgeschmacksmuster in einer Sammelanmeldung kostet 125 EUR. Die Aufschiebungsgebühr beträgt für ein einzelnes Geschmacksmuster, bzw. das erste Geschmacksmuster mit Aufschiebung der Bekanntmachung in einer Sammelanmeldung, 40 EUR. Jede zusätzliche Aufschiebung der Bekanntmachung in einer Sammelanmeldung kostet 20 EUR pro Geschmacksmuster. Für die Gebührenberechnung vorab, stellt das EUIPO auf seiner Website einen Gebührenrechner zur Verfügung.
8. Schutzumfang und Schutzdauer
Die Schutzdauer eines eingetragenen Unionsgeschmacksmusters beträgt zunächst 5 Jahre ab dem Anmeldetag und kann um einen Zeitraum von jeweils 5 Jahren bis zu einer maximalen Schutzdauer von 25 Jahren verlängert werden, Art. 12 Abs. 1, 2 UGMV.
Ein Anmeldetag wird gem. Art. 38 Abs. 1 UGMV zuerkannt, wenn die Anmeldung mindestens einen Antrag auf Eintragung eines Unionsgeschmacksmusters sowie Angaben, die auf die Identität des Anmelders schließen lassen, und eine zur Darstellung geeignete Wiedergabe des Geschmacksmusters enthält. Ist dies der Fall, ist der Anmeldetag der Tag des Eingangs beim EUIPO. Sofern eines der genannten Erfordernisse nicht erfüllt ist und der Anmelder daraufhin den Mangel innerhalb der ihm gesetzten Frist behebt, ist für den Anmeldetag der Tag maßgeblich, an dem alle Mängel behoben sind, Art. 45 Abs. 4 UGMV. Wird die Priorität einer älteren Anmeldung in Anspruch genommen, gilt das Prioritätsdatum als der Anmeldetag, Art. 43 UGMV.
9. Vorteile gegenüber nicht eingetragenen Geschmacksmustern
Zwar schützt das europäische Geschmacksmusterrecht auch nicht eingetragene Geschmacksmuster, dieser Schutz ist jedoch nicht annähernd so umfassend wie der eingetragener Geschmacksmuster. So sind nicht eingetragene Geschmacksmuster gem. Art. 11 Abs. 1 UGMV lediglich für maximal drei Jahre ab dem Tag geschützt, an dem sie der Öffentlichkeit innerhalb der EU zugänglich gemacht wurden, etwa durch Veröffentlichung, Ausstellung oder Verwendung im Handel. Dabei müssen die interessierten Fachkreise in der EU die Möglichkeit gehabt haben, von dem offenbarten Geschmacksmuster Kenntnis zu erlangen, Art. 7 Abs. 1 UGMV. Dies ist vom Inhaber des nicht eingetragenen Geschmacksmusters in einem potentiellen Verletzungsverfahren nachzuweisen.
Die Schwierigkeiten, die mit einem derartigen Nachweis verbunden sind, dürfen nicht unterschätzt werden, da mangels Registrierung gerade kein offizieller Eintrag vorliegt und die Beweislage oftmals schwach oder zumindest angreifbar ist. Darüber hinaus muss der Verletzer das Geschmacksmuster auch vorsätzlich nachgebildet haben, sodass ein Verletzungsverfahren erfolglos ist, wenn berechtigterweise angenommen werden kann, dass der Verletzer das offenbarte Geschmacksmuster nicht kannte, Art. 19 Abs. 4 UGMV.
10. Keine Widerspruchsfrist
Eine weitere Besonderheit des europäischen Geschmacksmusterrechts besteht darin, dass es keine Widerspruchsfrist gibt. Dies hat zur Folge, dass das Unionsgeschmacksmuster auch nach erfolgter Eintragung wegen mangelnder Neuheit oder Eigenart jederzeit nachträglich gelöscht werden kann. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass der Anmelder selbst sicherstellt, dass sein Unionsgeschmacksmuster die materiellen gesetzlichen Voraussetzungen der UGMV, Neuheit und Eigenart, erfüllt.
Ein Unionsgeschmacksmuster gilt nach Art. 5 Abs. 1 UGMV als neu, wenn der Öffentlichkeit kein identisches Unionsgeschmacksmuster zugänglich gemacht worden ist (absolute Identität). Unterscheiden sich die Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten, gelten die Geschmacksmuster als identisch, Art. 5 Abs. 2 UGMV. Die Prüfung der Neuheit des Unionsgeschmacksmusters erfolgt im Vergleich zu Geschmacksmustern, die vor dem in Art. 5 Abs. 1 UGMV definierten Anmeldetag – dem Zeitrang des zu prüfenden Unionsgeschmacksmusters – offenbart wurden. Um festzustellen, ob das anzumeldende Geschmacksmuster neu im Sinne des UGMV ist, stellt das EUIPO das Abfrageinstrument DesignView zur Verfügung, mit dessen Hilfe jeder Internetnutzer kostenlos nach eingetragenen Geschmacksmustern des EUIPO und der teilnehmenden nationalen Ämter suchen kann.
Eigenart ist gem. Art. 6 Abs. 1 UGMV anzunehmen, wenn sich der Gesamteindruck des Geschmacksmusters, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Erzeugnis bei ihm hervorruft. Ob und inwieweit dies der Fall ist, ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.
Fazit für Ihr Unternehmen:
Ein starkes Design verdient starken Schutz! Das Unionsgeschmacksmuster bietet hierfür eine effiziente, europaweit einheitliche Lösung. Für Unternehmen, die regelmäßig innovative Produktgestaltungen entwickeln, ist die frühzeitige Anmeldung beim EUIPO ein strategisch wichtiger Schritt zur Absicherung des eigenen Wettbewerbsvorsprungs. Die Anforderungen an die Wiedergabe des Geschmacksmusters und die korrekte Klassifikation sollten deshalb ernst genommen werden – hier ist vor allem Präzision entscheidend. Wer rechtzeitig handelt, schafft sich nicht nur Rechtssicherheit, sondern schützt auch nachhaltig seine Investitionen in Kreativität und Innovation.
Wir beraten Sie gerne, um einen rechtssicheren Schutz Ihrer Geschmacksmuster zu gewährleisten.
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